von Werner Krone
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Vor 100 Jahren löste Alfred Wegener bei den Experten Kopfschütteln aus. Da erklärte er am 6. November 1912 bei einer Tagung der Geologischen Gesellschaft in Frankfurt am Main doch tatsächlich,
dass die Kontinentale der Erde sich zueinander verschieben würden. Was heute jedes Schulkind lernt, konnten die versammelten Geologen nicht akzeptieren. Erst die Satelliten und GPS machten es
möglich, die Geschwindigkeit der Kontinentaldrift zu messen: mehrere Zentimeter im Jahr, etwa so schnell wie das Wachstum von Zehen- und Fingernägeln (2,5 - 6 cm pro Jahr).
Auch innerhalb der Kontinentalplatten kann es knirschen. So durchzieht eine Schwächezone in unserer eurasischen Platte Mitteleuropa vom Mittelmeer südlich Marseille bis zum Oslofjord in Norwegen.
Der auffälligste Abschnitt hiervon ist der Oberrheingraben. Er erstreckt sich von Basel bis Mainz, ist etwa 340 km lang und fast konstant 36 km breit. Und wir in Darmstadt leben am Rande dieses
Grabens (von Geologen „Rift" genannt).
Seine Entstehung begann vor 55 Millionen Jahren. Da waren die Dinosaurier schon 10 Millionen Jahre ausgestorben und die Erdneuzeit hatte begonnen. Diese Zeit bis zu den Eiszeiten vor 2,6
Millionen Jahren wurde früher mit „Tertiär" bezeichnet.
Heute wird feiner unterschieden:
Paläogen
Neogen
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Der Riss entstand durch ein Auseinanderziehen seiner Ränder um bisher 5 km. Dadurch sank die Erdkruste innerhalb des Grabens um bis zu 3 km. Gleichzeitig hoben sich die Ränder um 2,5 km. Dass wir
nun nicht in einer alpinen Umgebung leben, hat einfache Gründe. Die Erdkruste senkte sich nicht in einem Stück, sondern in Stufen abgetreppt als „Schollentreppe". Die Randgebirge wurden durch
Erosion (Wasser und Wind) abgetragen. Den Graben füllte die Kraft des Wassers und Flora und Fauna mit einem Bodenpaket von bisher 20.000 Kubikkilometern.
Die Bewegung hat durchaus nicht aufgehört. Der Oberrheingraben senkt sich jährlich zwischen 0,4 bis 1,8 mm im Jahr. Dies ist also um eine Größenordnung kleiner als die Kontinentalverschiebungen.
Freilich wird die Senkung wieder ausgeglichen durch Auffüllung. Und gerade hier gibt auch die feinere Einteilung des Tertiärs einen Sinn. Denn den Millionen Jahren Absenkung entsprechen dicke
Schichtenpakete, die zusammen bis zu mehreren Kilometern mächtig sind.
Innerhalb des Grabens, der von Basel bis Mainz um etwa 180 m fällt, schlängelte („mäandrierte") der Rhein und im nördlichen Ried auch der Neckar. Der mündete bis vor 2000 Jahren nicht südlich in
Mannheim, sondern beim heutigen Trebur in den Rhein. Seine verlandeten Schlingen sind heute noch in Karten und in der Landschaft sichtbar. Und diese Flüsse zernagten Gestein, schliffen es,
schotterten und sandeten und schlufften, um dann liegen zu lassen, was zu schwer war, zumindest bis zum nächsten Hochwasser. Und dazwischen wuchsen Wälder, kreuchte und fleuchte es, ging es oft
tropisch bis subtropisch zu wie im benachbarten Messeler See. Und zwischendurch drang das Meer mehrere Male von Norden oder von Süden oder von beiden Seiten ein und der Graben war dann ein
Verbindungsmeer.
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Organische Ablagerungen ergaben Erdöl und Erdgas. Daher wurde im Ried 1952 bis 1994 Öl gefördert, ist am Kühkopf noch eine Pferdekopfpumpe ausgestellt. Älter noch ist die Erdölförderung im
Elsass. Von dort stammt übrigens das Fassmaß von 159 Liter, das wir heute im Englischen als „Barrel" kennen.
Quelle: → hier.
auch → hier
und → Bericht über einen Erdgasunfall
Das unterirdische Schichtenpaket aus dem Tertiär ist auch da, wo weder Öl noch Gas gespeichert ist, reich an Porenvolumen. Die ist ein weiterer Reichtum, denn diese kleinen Hohlräume können als
speicher dienen. Der Energieversorger E.on betreibt im hessischen Ried zwei Erdgasspeicher mit Arbeitsspeichern von zusammen 205 Millionen m³: bei Stockstadt in einem aufgegebenem Ölfeld und bei
Hähnlein als Grundwasserverdränger (Aquiferspeicher). Zum Vergleich: Die Edertalsperre fasst 200 Mio m³, die Möhnetalsperre 135 Mio m³, die Diemeltalsperre 22 Mio m³!
Quelle: Untertage-Erdgasspeicherung in Deutschland
Die Hohlräume könnten aber auch für eine Speicherung elektrischer Energie sorgen, für die es weltweit zwei Beispiele gibt: Druckluftspeicher-Kraftwerke, englisch abgekürzt CAES – Kraftwerke
(Compressed Air Energy Storage) genannt.
Der weitere Ausbau der Windenergie erhöht den Bedarf an Regelenergie zum Ausgleich von Angebot und Nachfrage. Der Ausgleich erfolgt bisher durch sog. Schattenkraftwerke, meist schnell anfahrende
Gasturbinen (die HSE hat jüngst eines errichtet). Für die Speicherung von Druckluft zum Betrieb von Druckluft-Speicherkraftwerken gibt es eine wichtige Bedingung: Der Speicher muss dicht sein.
Erdöl- und Erdgaslagerstätten im Ried haben ihre Dichtigkeit über den langen Zeitraum von Jahrmillionen bewiesen.
Weil die Erdkruste durch die Dehnung hier dünner ist, wird es mit der Tiefe auch schneller heiß. Deswegen ist der Oberrheingraben auch interessant für die Nutzung der Erdwärme, der so genannten tiefen Geothermie.
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Und vor 2,6 Millionen Jahren begann das Quartär (auch Neogen genannt) und mit ihm mehrere Eiszeiten. Zwar bedeckte kein Gletscher die Oberrheinebene, aber die Vegetation zog sich zurück und der
Wind konnte in der Kältewüste seine Kraft zeigen. Er blies die Ablagerungen der Flüsse aus, zerlegte sie nach Korngrößen. Er ließ Schotter und Kies liegen, dann den Sand und an den Gebirgshängen
schließlich Löss. Der Sand sammelte sich in der Kältewüste mancherorts zu hohen Dünen, die bis heute abgeflacht noch sichtbar sind. Der Löss ergibt wegen seiner Mineralien einen ertragreichen
Boden.
siehe auch → Animation
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Und so ist unsere Landschaft ein Ergebnis aus geologischen Bewegungen, aus Wasser und Wind:
Am Fuß des Gebirges wegen Hochwasserfreiheit, fruchtbarer Böden und Fluchtburgen eine früh besiedelte Zone, die Bergstraße mit Landwirtschaft, Obstwiesen und Wingerten, mit Dörfern,
Verkehrswegen, schließlich Städten. Davor die Zone der Sande, teils angeschwemmt vom Ur-Neckar, teils zu Dünen aufgeweht. diese Zone ist heute noch bewaldet, auch damit den Menschen in Darmstadt
und an der Bergstraße nicht der Sand zwischen den Zähnen knirscht.
Westlich davon, in der Zone der Rhein- und Neckarschlingen, das eigentliche Ried. Es ist eine von Menschen gezähmte Landschaft. Schon die Römer sollen den Landgraben bei Groß-Gerau zur
Entwässerung vertieft und verbreitert haben. Die Rheinbegradigung und die Einfassung der Odenwaldbäche, Deiche, Entwässerungsgräben und Pumpwerke haben hier flächendeckende Landwirtschaft erst
möglich gemacht.
Der Rhein |
Das Ried |
Sand und Wald |
Der Odenwaldhang |
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Der Rhein gegenüber Nierstein |
Das Ried bei Dornheim |
Die Griesheimer Düne |
Der Westwald |
Blick auf den Melibocus |
Mächtigkeiten der sandig-Kiesigen Quartär-Ablagerungen |
Zum Verständnis der Grundwasserverhältnisse sind die vom Wasser durchströmten Schichten zu betrachten und ihre Durchlässigkeiten. Eine Scheidelinie ist die östliche Hauptverwerfungslinie des Oberrheingrabens. Diese Linie verläuft quer durch die Darmstädter Innenstadt und wurde bei den Gründungen des Staatstheaters, des Kaufhauses Karstadt und des „Darmstadtiums" angetroffen. Östlich dieser Bruchzone leiten die Verwitterungszonen der kristallinen Vulkangesteine des Odenwaldes und deren Klüfte das Grundwasser. Westlich davon sind mächtige Ablagerungen aus Flüssen, Bächen und dem Wind gut durchlässige Böden. Sie sind bis über 150 m mächtig und wie ein geschichteter Kuchen von trennenden Schichten aus Mergel durchzogen, die das Wasser schlechter durchlassen. Ausnahme ist eine Hochscholle nördlich der Darmstädter Innenstadt mit Arheilgen bis Langen mit geringmächtigen quartären Ablagerungen (deswegen konnte die Deponie der Fa. Merck mit ringsum geschlagenen Spundwänden gegen Untersickerung gesichert werden).
Die allgemeine Grundwasserrichtung ist Westsüdwest in Richtung Rhein. Eine detailreiche Übersicht über die Geologie im Stadtgebiet von Darmstadt enthalten die → Untersuchungen zur Hydrogeologie des Stadtgebietes Darmstadt... (Dissertation Götz Greifenhagen, Darmstadt 2000),
vollständig → hier.
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Weitere Arbeiten über die Geologie des nördlichen Oberrheingraben:
→ Sackungsprozesse in natürlichen Lockergesteinsfolgen infolge Grundwasserwiederanstiegs,
Dissertation Simone Grimmer, Halle 2006
→ Hoppe et al., Ein Raumbild quartärer Grundwasserleiter und Grundwassernichtleiter im nördlichen
Oberrheingraben, Geol.Jb. Hessen 124 ()1996): S. 149-158.
Die mächtigen Ablagerungen gut wasserleitender Schichten stellen einen weiteren Reichtum der Oberrheinebene dar: ihr Wasserreichtum. Er wird von den Wasserwerken der Städte des
Rhein-Main-Gebietes und des Rhein-Neckar-Raumes zur Gewinnung von Trinkwasser genutzt.
Hydrogeologischer Schnitt vom Rhein bis Darmstadt |
Die Bevölkerung Darmstadts war von 1770 bis 1870 um das Sechsfache gestiegen, sie mußte mit ausreichend Trinkwasser versorgt werden. Die vorhandenen dezentralen Leitungen von Brunnen im Osten der
Stadt genügten schon lange nicht mehr. Bohrungen auf Wasser ergaben besonders im Südwesten der Stadt große Ergiebigkeit. Mit den Grundwassermessungen und der Planung eines zentralen Wasserwerks
hatte man den Ingenieur Geh. Baurat James Hobrecht aus Berlin betraut. Am 1. Dezember 1880 wurde das neue Wasserwerk im Eichwäldchen an der westlichen Gemarkungsgrenze mit einer neuen
Wasserleitung übergeben. Dampfmaschinen förderten das Wasser in sechs Brunnen aus 60 m Tiefe. Die Anlage musste wegen wachsender Bevölkerung 1893, 1898 und 1905 erweitert werden. Der
Pro-Kopf-Verbrauch stieg rasch bis zum 1. Weltkrieg auf 150 Liter am Tag.
Die Stadtwerke wurden 1950 in eine privatrechtliche Südhessische Gas und Wasser AGumgewandelt. 2003 fusionierte diese mit der HEAG Versorgungs AG zur >I>HSE. Diese hat sich
für die Wasserförderung mit anderen Wasserversorgern zur 2002 gegründeten Hessenwasser GmbH und Co. KG zusammengeschlossen. Da die Förderung in Taunus und Vogelsberg zurückgenommen werden
musste (→ Artikel),
entnehmen auch Frankfurt und Wiesbaden zunehmend Wasser aus dem Ried.
Im gesamten Stadtgebiet Darmstadt liegen die gültigen Wasserrechte der öffentlichen Wasserversorgung bei 14,3 Mio. m³/Jahr und die Rechte privater Entnehmer bei rd. 7,8 Mio. m³/Jahr. Im Jahr 1995
lag die Summe der Entnahmen der zwei größten privaten Entnehmer bei rd. 5,4 Mio. m³/Jahr. Der jährliche Wasserverbrauch der Stadt lag 1997 bei rd. 9,3 Mio. m³/Jahr; → Dissertation Greifenhagen S. 46.
Die Wasserrechte für das Darmstädter Wasserwerk Eschollbrücken wurden 2012 von 12,5 Mio. m³/Jahr auf 20 Mio. m³/Jahr erweitert.
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Im Ried hatte noch im 19. Jahrhundert Not an zuviel Wasser geherrscht - Hochwässer und hochstehendes Grundwasser.
Die Zeit 7.11.1980
Wassernot im Feuchtgebiet
Zu Anfang des 19. Jahrhunderts unternahmen die Rheinanlieger die ersten großangelegten Versuche, die alljährliche Hochwassernot im Hessischen Ried zu beseitigen. Die großen
Rheinschlingen, die der Fluß im Laufe der Jahrtausende durch die breite Ebene zwischen Haardt und Odenwald, Mannheim und Frankfurt gelegt hatte, wurden durchstochen, erste
durchgehende Deichsysteme entstanden. Der Strom floß schneller und grub sich tiefer in den Boden ein – um rund einen Zentimeter pro Jahr, insgesamt also um anderthalb bis zwei
Meter. Quelle: http://www.zeit.de/1980/46/wassernot-im-feuchtgebiet |
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Die Forstbehörden schlugen Alarm, z. B. unter diesem unaufgeregten Titel: Modellierung der Einzelbaummortalität im Hessischen Ried unter besonderer Berücksichtigung von
Grundwasserveränderungen, zu lesen → hier
Das Hessische Landesamt für Umwelt und Geologie veröffentlicht seit Jahren Grundwasserkarten des Hessischen Rieds. Die Karten werten 2800 Pegel aus und stellen sowohl die Höhenlinien der
Grundwasserstände an als auch die Tiefe des Grundwassers unter Gelände (= „Grundwasserflurabstand"). Sie stellen auch extreme Situationen wie die hohen Grundwasserstände im Frühjahr der Jahre
1988 und 2001 und niedrige Grundwasserstände in den Jahren 1976 und 1993 dar. Eine Karte der Situation des Jahres 1957 steht für frühere hohe Grundwasserstände, als die Grundwasserentnahmen noch
relativ gering waren und viele Brunnen noch gar nicht existierten.Die Karten sind abzurufen → hier.
Die Karten stellen auch die Brunnen dar sowie Stellen, an denen Wasser dem Untergrund zugeführt wird.
Denn wegen der Schäden vor allem in der Landwirtschaft wurde seitens des Landes Hessen ein Programm gestartet, das Abhilfe schaffen soll: das Ergänzen des Grundwassers mit gereinigtem
Rheinwasser. Im Jahre 1989 wurde ein Wasserwerk in Biebesheim in Betrieb genommen, das dem Rhein Wasser entnimmt und es unter Einsatz von Aktivkohle und Ozon bis zur Trinkwasserqualität reinigt.
Danach wird es nach Bedarf an mehreren Infiltrationsstellen im Ried verrieselt. Hierzu dient die Beobachtung von 46 Referenzpegeln.
Die Anlage wird vom 1979 gegründeten Wasserverband Hessisches Ried betrieben. Mitglieder sind das Land Hessen und die Wasserwerke und Kreise mit Gemeinden im Ried, darunter
Hessenwasser, der Landkreis Darmstadt-Dieburg und die Stadt Darmstadt. → mehr
Informationen
Der Betrieb ist im → Grundwasserbewirtschaftungsplan Hessisches
Ried festgelegt.
Die Arbeitsweise des Wasserwerks Biebesheim und die Grundwasseranreicherung sind in dieser → Broschüre zusammengefasst.
Betrieb, Lage der Infitrationen, Lage der Referenzpegel zeigen: Die Grundwasseranreicherung dient vor allem der Gewinnung von Trinkwasser und nebenher der Landwirtschaft mit Beregnungswasser. Die
Rettung der unter Wasserstress leidenden Wälder dient sie nicht.
Für zwei Profile soll das Absinken des Grundwassers seit 1957 verfolgt werden. Hierzu sind die GW-Flurabstandskarten ausgewertet:
Abbildung links:
Im Profil JVA Weiterstadt - Mathildenhöhe ist das Absinken des Grundwassers besonders groß. Hier wirkte sich die starke Wasserentnahme durch das Chemieunternehmen Merck aus. Der Firma wurden in
der Vergangenheit Förderrechte für 7,29 Mio. m³/Jahr genehmigt (Interessengemeinschaft Arheilger Bürger e.V.,o.J., Westwald ade?)
Hinzu kommt die zunehmende Versiegelung in den Gewerbegebieten „Otto-Röhm-Straße" (Darmstadt) und in Weiterstadt. Das Absinken des Grundwassers ist unübersehbar. Begünstigt wird dies durch das
Abfallen des Geländes nach Westen. Zu bemerken ist, dass zwischen 2005 und 2011 kein weiteres Absinken zu beobachten ist. Im Gegenteil: Das „Aufspiegelungsprogramm Triesch" wurde nach Protesten
von Forstbehörden und der Interessengemeinschaft Arheilger Bürger lange geplant und ab 2007 betrieben. Hierbei wird hoch anstehendes Grundwasser aus dem Bereich Braunshardt abgepumpt, enteisent,
zum Teil zur Beregnung von Feldern genutzt, zum Teil im Waldstück „Triesch" versickert.
→ Fachartikel und → Beschreibung der HLUG
→ Monitoring-Bericht mit → GW-Ständen und → Beitrag der Stadt Weiterstadt
Auch im Profil zeigt sich, dass im „Triesch" der Grundwasserspiegel angehoben werden konnte.
Mit diesem Aufspiegelungs-Programm wird der Kellervernässung in Weiterstadt vorgebeugt, wird den Landwirten sauberes Beregnungswasser geliefert (sie erhielten zuvor gereinigtes Wasser aus der
Kläranlage Darmstadt) und nebenher wird in einem Waldstück das Grundwasser angereichert. Hierzu werden im Mittel je 0,7 - 1,0 Mio. mm³/Jahr versickert und zur Beregnung geliefert.
Abbildung rechts:
Dieses Profil verläuft in Fließrichtung des Grundwassers. Die Brunnen des Darmstädter Wasserwerks Eschollbrücken befinden sich am Fuß einer sanften Neigung der Sandzone. Es ist anschaulich, dass
diese bewaldete Zone schon wegen der Steigungsverhältnisse leerlaufen muss. Daran ändert auch die Infiltration von Rheinwasser nichts, denn sie liegt ist nur knapp östlich der Brunnen. Der Wald
hat dadurch nichts von der Grundwasseranreicherung.
Auch in diesem Profil erweist sich, dass die Infiltration von Rheinwasser das Absinken des Grundwassers im Prinzip gestoppt hat. Ersichtlich ist auch die Wasserscheide im Stadtgebiet etwa entlang
der Nieder-Ramstädter Straße.
Flächenanteil mit stark absterbegefährdeten bis abgestorbenen (Schadstufe 2+) Bäumen über 60 Jahre im Zeitraum 1984 – 2007 im Rhein-Main-Gebiet |
Rheinhessen und die nördliche Oberrheinebene liegen im Windschatten westlich gelegener Gebirge (siehe → Übersicht) und
bekommen daher wenig Regen. Die jährlichen Niederschläge betragen im Ried 550 - 600 mm/Jahr und steigen zum vorderen Odenwald hin auf 750 mm/Jahr (Durchschnitt für Hessen 812 mm/Jahr).
Damit ist die die nördliche Oberrheinebene eines der niederschlagärmsten Gebiete Deutschlands. Gleichzeitig gehört sie zum sonnenverwöhnten Süden → Übersicht der Sonnentage. Damit sind auch relativ hohe durchschnittliche jährliche Temperaturen von 9 - 10°C verbunden
(Deutschland: 7,9°C).
Um die mögliche Neubildung von Grundwasser zu bestimmen, ist von den Niederschlägen die Verdunstung (direkt oder als Transpiration der Pflanzen) abzuziehen. Die Verdunstung an Ort und Stelle zu
bestimmen, bedarf es raffinierter Messmethoden wie dem → Lysimeter. Als ein Maß für Vergleiche hat sich die sog.
Grasreferenzverdunstung bewährt. Sie gibt die Verdunstung einer standardisierten Grasdecke in standardisiertem Boden bei optimaler Wasserversorgung an und kann mit einer empirische Formel
berechnet werden aus geografischer und klimatischen Daten.
Wie ersichtlich, verdunstet ein Großteil der Niederschläge. Da die Niederschläge relativ gering und die Sonnenstunden zahlreich, ist es kein Wunder, dass die Neubildungsrate für Grundwasser
niedrig ist.
Für das Ried ist die Grasreferenzverdunstung sogar höher als die Höhe der jährlichen Niederschläge. Welch ein Glück, dass nicht überall Referenzgras wächst!
Meike Beier hat in ihrer → Dissertation (Darmstadt 2008, Seite 15) folgende Grundwasser-Neubildungsraten
zusammengestellt:
Die Grundwasserneubildung aus Niederschlag im Hessischen Ried liegt im langjährigen Mittel im Bereich von 115-140 mm/a (RP Darmstadt 1985, BGS 1996, RP Darmstadt 2000). Aufgrund der Richtung E
ansteigenden Niederschläge ist im Stadtgebiet Darmstadt mit etwas höheren Werten zu rechnen. SCHÄFER (1997) gibt für das Westwaldgebiet einen Mittelwert von 130-140 mm/a an. Die Hessische
Landesanstalt für Umwelt HLfU (1996) ermittelte aus Lysimetermessungen und Modellrechnungen eine Grundwasserneubildung von 180 mm/a. Aus dem Grundwasserströmungsmodell von LERCH (2001) ergibt
sich eine mittlere Grundwasserneu-bildung von 170 mm/a für den westlichen Teil des Stadtgebietes Darmstadt.
Kleinräumig ist mit starken Schwankungen der lokalen Grundwasserneubildung zu rechnen. Die verschiedenen Nutzungsformen (Besiedlung, Landwirtschaft, Wald) sowie unterschiedliche Bodenarten können
zu großen Unterschieden führen (HLfU 1992). So werden für das Stadtzentrum Werte von 50-100 mm/a angegeben (HLfU 1985, RP Darmstadt 2000). Außerhalb der Stadt, insbesondere auf Ackerflächen,
steigt die Grundwasserneubildung lokal bis auf 300 mm/a an (HLfU 1985, HLfU 1992, RP Darmstadt 2000). Für das Westwaldgebiet ermittelte SCHÄFER (1997) lokale Werte von 60-70 mm/a...
Im Folgenden wird eine Karte des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie zu Rate gezogen.
Quelle der Darstellungen: → Umweltatlas Hessen | ||
Jährliche Niederschläge in Hessen |
Die Grasreferenzverdunstung in Hessen gibt an, wieviel auf einer genormten Grasfläche verdunsten würde |
Die Wasserbilanz ergibt sich aus der Differenz. Die tatsächliche Grundwasser-Neubildung hängt jedoch von Versiegelung und Bewuchs ab. |
Schritt für Schritt werden nun die vorhandenen Erkenntnisse zusammengestellt:
Ein Ausschnitt der Karte der → Grundwasserhöhengleichen ist hier verbunden mit einer Karte der Oberflächengewässer. Die Fließrichtung des Grundwassers ergibt sich aus den Senkrechten zu seinen Höhengleichen. Es werden den Gewässern vier Hauptströme zugeordnet:
Schon durch reine Anschauung wird klar, warum der Grundwasserstand im Bereich Weiterstadt hoch ist: sein Einzugsbereich reicht weit nach Osten fast bis Rossdorf. Der Einzugsbereich der Brunnen des Wasserwerks Eschollbrücken (jedoch auf Darmstädter Gemarkung) endet auf der ersten Hügel- und Bergkette. Die Lage des Wasserwerks ist historisch begründet: es sollte auf Darmstädter Gebiet liegen. |
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In diesem Plan sind die Grundwasserströme vereinfacht dargestellt und den → geologischen
Verhältnissen zugeordnet. Im Westen die mächtigen quartäre Ablagerungen, vor allem Sande. Im Norden die Hochscholle mit Arheilgen und Wixhausen mit relativ geringmächtiger
Sickerzone. Östlich der Hauptverwerfungslinie die ersten Hügel und Berge des Odenwaldes aus Vulkangesteinen mit relativ geringmächtiger Verwitterungszone, dahinter Bereiche des
Rotliegenden (Perm). |
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Hier ist den Grundwasserströmen die mittlere jährliche → Grundwasserneubildung 1960 - 1991 zugeordnet. Hier ist abzulesen, dass im Einzugsbereich des Darmstädter Wasserwerks die jährliche Grundwasserbildung nur 50 - 150 mm beträgt. |
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Dieser Plan stellt die Grundwasserströme in einem Google-Luftbild dar. In Gelb die Brunnen des Darmstädter Wasserwerks Eschollbrücken. Die Infiltrationsgräben der
Grundwasser-Anreicherung von Hessenwasser östlich der Brunnen sind rot eingetragen. |
Unmittelbar aus der Anschauung ist festzustellen:
Jeder Zustand der Natur entspricht einem Gleichgewicht, so auch der Wald. Welche Baumarten (Förster sprechen von „Bestockung") am besten wachsen, ist abhängig von Klima und Boden. Wird das Gleichgewicht gestört, sind die Folgen manchmal erst Jahrzehnte später zu bemerken. Bis dahin versuchen die Bäume, sich mit „Bordmitteln" zu helfen: Einschränkung des Dicken- und Höhenwachstums, mit neuen Asttrieben, Verdorrenlassen einzelner Partien und Wurzelwachstum in die Tiefe. Noch weniger als in der Landwirtschaft lassen sich für den Zustand des Waldes Quartalsberichte erstellen.
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In der Rheinebene reichert sich das Grundwasser nur in den Wintermonaten an. Trotz eines Regenmaximums im Sommer überwiegen dann Verdunstung und Wasserbedarf der Pflanzen. Einen Wasserüberschuss
gibt es dann erst wieder Ende Januar (Stadtökologische Untersuchungen 3, Gartenamt Darmstadt, Dez. 1988).
Die Niederschläge, die nicht verdunsten, wirden bei Einsickern in den Boden von den Kapillarkräften festgehalten. Aus diesem Haftwasser bedienen sich die Pflanzen durch ihre Wurzeln. Die Einträge
von Niederschlag, Stäube, abfallende Pflanzenteile, tierischen Ausscheidungen und toten Organismen machen aus dem Waldboden einen biochemischen Reaktor, der für unsere Umwelt einen Puffer
darstellt.
Dem Wachstum der Pflanzen entsprechen Veränderungen im Boden. Von den Pflanzen wird der Mineraliengehalt des Bodesn und damit ihr Lebensraum zu ihren Gunsten beeinflusst. Dies betrifft den auch
Eisenhaushalt, bei dem Eisenminerale mit Hilfe des Bodenwassers die Bodenkörner umziehen (→ Verbraunung). Dies ist verbunden
mit einer → Verlehmung. Hierbei bilden sich nach Kalkentzug durch die Pflanzen infolge der Silikat-Verwitterung des Sandes neue
Minerale mit geringerer Korngröße auf. Aus Sand wird zunehmend Schluff und Ton. Tonminerale wandern im Boden nach unten. Dies entspricht einer höheren Speicherfähigkeit des Bodens für Wasser.
Dies wiederum ist maßgebend dafür, wie die Pflanzen ihren Wasserbedarf zwischen den Regen-Ereignissen stillen können.
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Diese Vorgänge setzen Bodenwasser voraus. Sinkt der Grundwasserspiegel innerhalb von Jahren ab, kommen die Mineralisierungsvorgänge nicht nach: die Verlehmung hält nicht Schritt, Kapillarität und
Speicherfähigkeit nehmen nicht zu und genügen irgendwann nicht mehr den Ansprüchen der Pflanzen.
In der Höhenzone des Bodens mit starken Wechseln des Wassergehaltes findet ein Wechsel von Oxydierung (durch Bodenluft orange/rotbraune Färbung) und Reduzierung des Eisens (durch Wassersättigung
graue Färbung) statt, bei Mangan Schwarzfärbung. Es entsteht eine Bänderung oder Marmorierung.
Im Westwald ist die → Braunerde vorherrschend, meistens mit Bänderung als Relikt früherer Grundwasserhöhen, auf den Dünen →
Pararendzina (Stadtökologische Untersuchungen 3, Gartenamt Darmstadt, Dez. 1988, Blatt 3).
Einige Fundstellen für die verwirrende Welt der Bodenkunde: → Bodenarten und → dies und → das
Einige Fachbegriffe der Wasserkunde (Hydrologie):
Evaporation
Hier eine interessante → Bodenwerkstatt mit Anleitungen und Versuchen.
Als die ersten Pflanzen vor rund 450 Millionen Jahren im Ordovizium das Land zu erobern begannen, da hatten sie bereits treue Begleiter. Bis heute sind ihnen diese nicht von der Seite
gewichen: Pilze, die mit den Landpflanzen in Symbiose leben, in Partnerschaft zum gegenseitigen Vorteil. Die Mykorrhiza bilden eine nützliche Gemeinschaft aus Pilz und Pflanze: Dabei
wächst der Pilz in oder um die Pflanzenwurzeln. Der Pilz erweitert mit seinem feinen Myzel das Wurzelsystem und stellt den Pflanzen Mineralien und Wasser zur Verfügung. Die Pflanze versorgt im
Gegenzug den Pilz mit Kohlenhydraten und Pflanzenvitaminen. Die vergrößerte Wurzeloberfläche verbessert zudem die Wasser- und Nährstoffaufnahme sowie die Stresstoleranz gegenüber
Trockenheit.
Quelle: → Pilzfinder
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Das umfangreiche Geflecht der Mykorrhiza-Pilze im Boden ermöglicht sogar den Nährstoffaustausch zwischen Bäumen verschiedener Arten. Allerdings leidet die Gemeinschaft bei schlechteren
Bedingungen auch gemeinsam, so beim Eintrag von Schadstoffen wie Nitraten. Wie wichtig die unterirdischen Wurzelpartner für den Zuwachs der Bäume sind, haben Wachstumsversuche mit pilzfreien
Substraten gezeigt. So hängt letztlich die Vitalität eines Waldes auch vom Zustand der vorkommenden Pilze und ihrem Leistungsvermögen für das Ökosystem ab.
Quelle: → www.waldwissen.net
Aufgrund der wärmebegünstigten Lage und der trockenen, durchlässigen Sandböden gehört der Westwald zu den maikäfergefährdeten Gebieten Deutschlands. Junge Engerlinge ernähren sich zunächst von zarten Wurzelfasern. Diese finden sie bei Grasflächen in geringerer Tiefe als bei Bäumen. Die weiblichen Käfer meiden
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daher bei der Eiablage vegetationslose Waldflächen, aber auch dichte Baumbestände.
Sturmwürfe der letzten Jahrzehnte führten zu aufgelichteten und angerissenen Baumbeständen, damit zu Vergrasung und günstigen Eiablageplätzen. Weil Engerlinge bei -4 °C sterben, suchen sie in
größerer Tiefe zu überwintern. Ein hoher Grundwasserstand verbietet dies aber. Daher haben die Grundwasserabsenkungen dem Maikäfer bessere Lebensbedingungen geschaffen. Die schleichenden
Waldschäden wie Kronenverlichtungen haben bessere Lichtbedingungen für Gräser zur Folge. Auch dies stellt Verbesserungen für Maikäferbiotope dar.
Bereits Ende der 60er Jahre wurde darauf hingewiesen, daß „Stellen der größten Grundwasserabsenkung besonders auf Sandböden Zentren der Seuchenherde" bilden. Quelle: „Grundzüge der Waldhygiene",
E. Schimitschek, Verlag Paul Parey, 1969, zitiert in: Mitteilungen der Hessischen Landesforstverwaltung Band 35, Gefährdung der Wälder im Rhein-Main-Gebiet, Wiesbaden 1999.
Die Förster empfehlen außer einem Wiederanheben des Grundwassers, die Wälder geschlossen zu halten. Hierzu sind weitere Waldzerschneidungen für Verkehr und Versorgungsleitungen mit ihren langen
Waldinnenrändern zu vermeiden. Es sollen auch die Waldränder gepflegt und Fraßbäume gepflanzt werden. Durch Anpflanzen von „Unterbau" soll der Waldboden stets beschattet bleiben. Das Ausbringen
von Pflanzenschutzmittel soll sich auf Ausnahmen beschränken.
Die Gräser haben sich um die Kontinente verdient gemacht: sie stemmen sich seit der Kreidezeit der Erosion von Regenwasser, Frost und Wind mit ihren Wurzeln entgegen. Aber sie kämpfen auch gegen
die Bäume. Jeder Waldrand ist Kampfzone: die Bäume wollen aussäen, die Gräser wollen die Keimlinge ersticken. Und Waldrand ist jede kleine Lichtung, die Sturm, Mensch oder die Austrocknung
geschlagen haben.
→ Lebensraum Waldrand
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Das Land-Reitgras (auich „Sandrohr" genannt) ist eine der kämpferischsten Grassorten. Es ist eine ausdauernde, krautige Pflanze, die Wuchshöhen zwischen 80 und 150 cm und eine
Durchwurzelungstiefe bis zu 60 - 150 cm erreicht. Es bildet lange, unterirdisch kriechende Ausläufer. Die blau- bis graugrünen Blattspreiten werden bis zu 70 cm lang und 2 cm breit und sind
oberseits sehr rau mit einem scharfen Rand. Es ist mäßig anspruchsvoll und und kann als Wurzelkriechpionier in Kahlschlägen die Waldverjüngung hemmen. Die vegetative Vermehrung erfolgt sehr
zahlreich durch die sehr langen, dünnen, unterirdischen Rhizome (Sprossen). Das Land-Reitgras wurzelt bis 2 m tief. Es bevorzugt kalkreiche Dünen und stickstoffreiche Böden. Kalk sorgt für einen
schnelleren Humusabbau, wodurch Stickstoff für das Land-Reitgras zur Verfügung steht. Auch durch Luftverschmutzung gelangt immer mehr Stickstoff in den Boden. Deshalb wächst das Land-Reitgras an
immer mehr Standorten.
Der Westwald ist mit seinen teilweise kalkhaltigen Flugsandschichten und -Dünen ein idealer Standort, wenn die Überschirmung durch Bäume wegen flächigem Absterben oder Kahlschlag wegfällt. Daher
sind Maßnahmen der Wiederanpflanzung (des „Waldbaus") vor allem ein Kampf gegen Gräser.
Einjährige Pflanzen wie Kräuter und Gräser unterscheiden sich von Bäumen nicht unbedingt durch die Wurzeltiefe. Die Wurzeltiefe steht nicht unbedingt in einem Verhältnis zur Baumgröße: Selbst
größte Mammutbäume mit einer Höhe von mehr als 50 m durchwurzeln meist nicht tiefer als 3 m. Dagegen treibt eine Waldkiefer (Pinus sylvestris) treibt als Überlebenskünstler ihre Pfahlwurzel an
einem extrem trockenen Standort sogar bis 10 Meter tief
Tiefwurzler (Pfahlwurzler) treiben Wurzeln mehrere Meter tief mit senkrechter Hauptwurzel. Beispiele: Tanne, Kiefern, z.B. Waldkiefer, Föhre (Pinus sylvestris) bis 10 Meter tief(!), Esche
(Faxinus), Wacholder (Juniperus communis), Eibe (Taxus baccata), meist 1-2 Meter tief, Sumpfzypresse (Taxodium distichum), Deutsche Eiche, Stieleiche (Quercus robur).
Etliche wichtige Bäume sind gleichzeitig Flachwurzler und Tiefwurzler, z.B. Buche, Rotbuche (Fagus sylvatica), Waldkiefer, Föhre (Pinus sylvestris), Robinie, Falsche Akazie, Scheinakazie (Robinia
pseudoacacia), Helmlocktanne (Tsuga canadensis), Goldulme (Ulmus minor 'Wredei' syn. Ulmus x hollandica 'Wredei', Ulmus carpinifolia 'Wredei') und andere.
Quelle: → hier
Hier die Wurzeltiefen einiger Kulturpflanzen:
Kulturpflanze | Wurzeltiefe |
Kartoffel,Gerste, Weizen, Roggen | ca. 40 cm |
Weißklee | bis 80 cm |
Rüben, Mais, Hafer | > 80 cm |
Erbse, Raps | 80 - 150 cm |
Lupine, Rotklee, Sonnenblume | 150 - 300 cm |
Quelle: → Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg
Ein Wald hat, wenn er nicht zur Holzplantage entartet ist, mehrere Stockwerke → Stockwerke des
Waldes
Die Stockwerke entsprechen einem Gleichgewicht auch zwischen Bäumen, Kräutern und Gräsern. Es wieder herzustellen, ist zu planen zum Beispiel mit → „Voranbau" und → hier.
Der Mensch bedient sich seit jeher des Waldes und seiner Produkte: von Holz über die Eichelmast bis zum Beerensammeln. Das soll hier nicht alles aufgezählt werden. Eine gute Übersicht ist → hier
Der Boden kann wegen seiner Feinkörnigkeit und seiner physikalischen und chemischen Eigenschaften Schadstoffe filtern oder neutralisieren und damit unschädlich machen. Je mehr Tonteilchen der Boden enthält und je dicker die Humusschicht ist, desto besser kann der Boden diese Aufgabe erfüllen. Schon deswegen wirkt ein Wald
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am besten als Katalysator. Schadstoffe wie Schwermetalle, die über die Luft verfrachtet werden, gelangen ins Sickerwasser und werden von Humus- und Tonteilchen gebunden.
Von besonderer Bedeutung ist die Pufferung von Säurebildnern aus Luftschadstoffen. Hier handelt es sich vor allem um Stickstoffverbindungen, die dem Boden über Niederschläge zugeführt werden
(„Saurer Regen”). Calciumcarbonat, Tonminerale sowie Aluminium- und Eisenoxide wirken hierbei als puffernde Substanzen. Diese Fähigkeit erschöpft sich jedoch, so dass aktiver Bodenschutz
bedeutet, Versauerung und den damit verbundenen Verlust der Bodeneigenschaften zu vermindern.
Durch Bodenversauerung geht die Anzahl der winzigen Wurzelhärchen zurück, die Wasser und Mineralstoffen aufnehmen. Bei einem sauren Boden sterben aber auch Bodenlebewesen wie Bakterien, Pilzen
und Insekten. Diese durchlüften und durchmischen den Boden. Damit fehlen den Bäumen durch das Massensterben lebenswichtige Mineralien, die diese Organismen normalerweise produzieren. Auch werden
durch Bodenversauerung vermehrt Aluminiumionen freigesetzt, welche dann die so genannten Mykorrhiza-Pilze vergiften, die mit Baumwurzeln in Symbiose leben und für die Nährstoffversorgung wichtig
sind.
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Grundwasser in Waldgebieten ist kaum von Verunreinigungen bedroht. Dagegen ist es in landwirtschaftlich intensiv genutzen Gebieten besonderen Belastungen ausgesetzt. Der Boden kann die
ausgebrachten Mengen an Dünger und Pestiziden nicht mehr vollständig zurückhalten, so dass sie teilweise als Schadstoffe ins Grundwasser gelangen. Quelle: → Wald·Wasser·Leben
Fällt der schützende Waldmantel über dem Grundwasser weg, wird auch die Trinkwasserversorgung problematischer und die Trinkwasseraufbereitung wird mindestens teurer. Schon heute kann der
geschädigte Wald die üblichen Schutzfunktionen nicht mehr vollständig erbringen. Unter aufgelichteten, stark vergrasten Wäldern ist die Grundwasserneubildung jedoch reduziert und es kommt zu
erhöhten Einträgen von Schwermetallen und Stickstoff in das Grundwasser. Hierzu vom BUND die Broschüre → „Wasser für den Wald" und ein Artikel der Frankfurter Rundschau → „Wasser gehört der Allgemeinheit"
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In einem Wald ist es kühler ist es als auf einer Wiese. Bäume nehmen über ihre Spaltöffnungen Kohlendioxid auf und geben Sauerstoff ab. Dies ist die Lebensgrundlage Sauerstoff verbrauchender
Wesen, wie wir Menschen es sind. In unseren Breiten deckt ein Hektar Wald den Sauerstoffbedarf von rund 10 Einwohnern. Dabei verdunstet auch Wasser. Dieses funktioniert wie eine Klimaanlage,
welche die Luft abkühlt. Deshalb ist es im Wald nicht nur kühler, sondern auch feuchter als auf einer Wiese. Bei großer Hitze verdunsten Bäume, zum Beispiel die Birke, rund 100 Liter pro Tag,
sofern ihnen genug Wasser zur Verfügung steht. Die Temperaturunterschiede zwischen Wald und Stadt bewirken einen ständigen Luftaustausch. Dadurch gelangt reine und qualitativ bessere Luft in die
bewohnten Gebiete.
Quelle: → „Naturdetektive"
Der Wald gleicht Temperaturschwankungen aus. Er erhöht die Luftfeuchtigkeit und steigert die Taubildung. Da das Waldklima durch die geringere Sonneneinstrahlung und die höhere Luftfeuchte geprägt
ist, sind die Lufttemperaturen im Sommer dort meistens niedriger als in der offenen Landschaft. Der Wald gleicht tägliche und jährliche Temperaturschwankungen aus, erhöht die Luftfeuchtigkeit und
steigert die Taubildung. Da das Waldklima durch die geringere Sonneneinstrahlung und die höhere Luftfeuchte geprägt ist, sind die Lufttemperaturen im Sommer dort meistens niedriger als im Freien.
Es können Unterschiede von 3° - 6°C gegenüber dem Freiland und 4° bis 8°C gegenüber von Städten eintreten. Große zusammenhängende Waldflächen in der Nähe von Städten beeinflussen das Klima
positiv. Die Temperaturunterschiede zwischen Wald und Stadt bewirken einen ständigen Luftaustausch. Gleichzeitig filtern Blattorgane Staub, Ruß und gasförmige Verunreinigungen aus der Luft
heraus, so dass als Ergebnis kühle und gereinigte Luft in die Siedlung zurückfließt. Ferner schützt der Wald benachbarte Flächen vor schädlichen Wind- und Frosteinwirkungen.
Quelle: → www.sdw.de/waldwissen
Der Wald filtert Staub, Gase und radioaktive Stoffe aus der Luft. Die Filterwirkung von Wäldern ist insbesondere abhängig von der Blattoberfläche. Gase können hauptsächlich dann aufgenommen
werden, wenn die Baumkronen feucht sind und sich die Gase im Regenwasser lösen können. Pro Hektar filtern unsere Wälder jährlich bis zu 50 Tonnen Ruß und Staub aus der Atmosphäre.
Außerdem sind Wälder Klimabarrieren in der Landschaft. Über der rauen Waldoberfläche bilden sich bei Wind Luftwirbel, welche die stärker belastete, bodennahe Luft mit reiner Luft aus großen Höhen
durchmischen. Aus den Wäldern fließt kühle, saubere Luft in das Umland. Vor allem Darmstadt hat aus den umgebenden Wäldern etwas davon.
Schon deswegen gehen kühne Berechnungen in die Irre, die Grasflächen oder Maisplantagen denselben Nutzen zuordnen wie Wäldern.
Nach dem Kahlschlag des Waldes an der B9 leiden Anwohner und Kindergartenkinder unter erheblicher Lärmbelastung. Der Park entlang des Altrheins, der Spielplatz und der Vogelpark haben nun den
Charakter eines Autobahnparkplatzes. Daher fordern die Anwohner in Wörth einen 8 m hohen Lärmschutzwall. Quelle: → hier
Mit ihren dichten Nadel- und Blätterwerk haben Wälder eine hohe Fähigkeit, Lärm zu mindern. Gebäude lassen sich durch sie mit einem „grünen Schleier" einbinden. Die Lärmminderung durch
Waldflächen ist jedoch sehr unterschiedlich. Dichte junge Wälder haben eine recht gute Lärmdämmung. Laubbäume mit großen Blättern sind wirksamer als kleinblättrige Arten oder unsere Nadelbäume.
Die Lärmdämmung der Laubbäume und Sträucher geht mit dem Blattfall stark zurück.
Eine Lärmdämmung durch die Wälder entsteht nur in der jeweiligen Wuchshöhe. In einem alten Wald mit wenig Unterstand dröhnt ein Geräusch im Waldinnern sehr weit. Das liegt daran, dass der Schall
am unteren Bereich der Baumkronen gegen den Boden gebrochen wird und sich nicht gleichmäßig verteilen kann. Der Lärm einer Straße, die durch den Wald führt, wird also in einem solchen Fall auf
sehr viel größere Entfernungen als störend empfunden als im freien Gelände. Gerade Hochwald wirkt wie eine Halle, was Vogelzwitschern (aber auch Motorsägen!) weit hörbar macht. Quelle: → Wald-und-Forst.de
Verläuft die Straße aber außerhalb des Waldes mit gut gestuften Waldrändern, hört es sich anders an: der Wald wirkt als akustische Barriere.
Dies ergaben Versuche an Schießplätzen der Bundeswehr. Der Schießplatz in der „Darmstädter Tanne" kann das bestätigen: den Bewohnern des ehemaligen Forsthauses direkt daneben sind die Knalle ein
Greuel, in der Siedlung Tann ist nur noch wenig zu hören.
Noch bedeutsamer ist der Westwald für den Autobahnlärm für die Waldkolonie.
Die Walddurchgangsmessung ergab eine signifikante Dämpfung durch Waldstücke im Ausbreitungspfad und bestätigt die orientierenden Messungen qualitativ... Für den Nadelwald von hier ca. 350 m
maßgeblicher Ausdehnung wurden für die 50 m hinter dem Wald liegenden Messpunkte im Mittel Pegeldifferenzen im LCSEL von 3 dB bis 5 dB gemessen. Für die 400 m hinter dem Wald liegenden Messpunkte
die Mittelwerte von 2 dB bis 5 dB festgestellt. Bei dem Laubwald gilt 5 dB bis 6 dB im Nahbereich bzw. 2 dB bis 6 dB im Fernbereich.
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Quelle: Mattias Trimpop u. Karl-Wilhelm Hirsch, → Lärmschutz durch Wald – Teil 1 u. 2, in: Fortschritte der
Akustik, DAGA 2010, Berlin
In den einschlägigen Vorschriften zur Berechnung der Schallausbreitung für die Lärmbeurteilung wird die Walddämpfung entweder gar nicht oder nur ansatzweise berücksichtigt. Ein entscheidender
Grund für diese Vernachlässigung ist, dass die Vorschriften meistens allein die schallausbreitungsgünstige Situation zugrunde legen und auf Mittelungspegel abzielen und dann dem Wald keine
Schallminderung zuweisen. Die DIN ISO 9613-2 zeigt in ihrem informativen Anhang die Vorstellung, die sich damit verbindet: Wald mindert den Schall nur dann, wenn der gedachte maßgebliche
Schallstrahl wenigstens stückweise durch ihn dringt. Auch die veraltete VDI 2720 kennt den Wald als dämpfendes Element. Beide Ansätze berücksichtigen allerdings keinerlei forstlichen
Aspekte.
Quelle: → hier wie vor.
Es sei hinzugefügt, dass auch die „Vorläufige Berechnungsmethode für den Umgebungslärm an Straßen VBUS" von 2006, → hier veröffentlicht, einen Wald bei der Lärmausbreitung glatt
ignoriert.
K.-W. Hirsch u. F. Hammelmann stellen auch schon ein Berechnungsmodell vor, entwickelt aus Messungen an Schießplätzen und berichten: Aus den oben zitierten Messungen lässt sich für Knalle mit
einem spektralen Schwerpunkt bei ca. 300 Hz ein Dampfungskoeffizient Klin von 12 dB/km für dichten Nadelwald und 6 dB/km für dichten Laubwald begründen. Der Koeffizient wird zu höheren
Frequenzen ansteigen. Da der Koeffizient eine Durchgangsdämpfung darstellt, lässt er sich durch Dämpfungsmessungen über im Waldstück bestimmen.
Quelle: K.-W. Hirsch u. F. Hammelmann → Ein neues Verfahren zur Berechnung der Zusatzdämpfung durch Waldstücke in
technischen Schallausbreitungsmodellen in: Fortschritte der Akustik, DAGA'2011, DEGA e.V., Düsseldorf
Weitere Beiträge → hier
Zur Erläuterung: Ein Dezibel ist ein Zehntel Bel (B), genannt nach Alexander Graham Bell. Es ist der Logarithmus (die Zehnerpoten) des Verhältnisses eines gemessenen Schalldrucks zu jenem an
Grenze der menschlichen Wahrnehmbarkeit. Kommt dann noch eine frequenzabhängige menschliche Bewertung der Lautstärke hinzu (meistens ein „Frequenzfilter A"), heißt die Einheit des bewerteten
Schalldruckpegel das dB(A).
Meldung vom 8. April 2011 zu lesen → hier und am
15. April 2011 → dort:
Sandsturm-Inferno auf der Autobahn mit vielen Toten
Hat es solch einen Unfall in Deutschland jemals gegeben? In einem Sandsturm rasen Dutzende Autos ineinander. Mindestens acht Menschen sterben.
Der Sandsturm wütet noch Stunden nach der Massenkarambolage über die Autobahn zwischen Rostock und Güstrow. Dutzende ausgebrannte und ineinandergeschobene Fahrzeuge haben die Fahrbahn in ein
Trümmerfeld verwandelt.
Die Feuerwehr löscht noch einige Brände, bevor überhaupt daran zu denken ist, die Toten zu bergen. Die Rettungskräfte versuchen, sich mit Mundschutz und Brillen vor dem feinen Ackerstaub zu
schützen, der an der Unfallstelle von den Feldern ungebremst über die vierspurige Straße fegt.
Wälder stellen einen wirksamen Windschutz dar und schützen benachbarte Felder vor Austrocknung und Winderosion.
Durch die intensive Bewurzelung des Waldes und die Vermeidung von Bodenfreilagen werden Böden zusammengehalten, die Humusauflagen bewahrt und Aushagerungsvorgänge verhindert. Im
Rhein-Main-Gebiet schützt der Wald insbesondere auf den Flugsandgebieten im Raum Lampertheim und auf den Sanddünen um Darmstadt vor Windverwehungen. In Gemengelagen mit landwirtschaftlichen
Ackerflächen wird durch die schützende Wirkung der Wälder eine Austrocknung/Verwehung von Böden und damit auch eine Beeinträchtigung von Wohnsiedlungen reduziert. Die Bedeutung dieser
Bodenschutzfunktion wird z.B. durch die nacheiszeitliche Dünenbildung im Darmstädter Raum infolge der fehlenden Bewaldung belegt.
Quelle: Hessische Landesanstalt für Forsteinrichtung, Waldforschung und Waldökologie, Gefährdung der Wälder im Rhein-Main-Gebiet in: Mitteilungen der Hessischen Landesforstverwaltung Band
35, Wiesbaden 1999
Wer das für unsere friedliche Umgebung für unwahrscheinlich hält, betrachte die → Tornadoliste
Viele Menschen verbringen ihre Freizeit in den Wäldern. Auf dem Spaziergang mit oder ohne Hund, allein oder in Gruppen, auf dem Rad, schlendernd, marschierend oder joggend, zum Pilze oder Beeren
sammeln, zur Beobachtung von Wild oder Vögeln oder zum Holz abholen, mit Berechtigung auch mit Kettensäge. Alle Tätigkeiten genießen hohen Anerkennungswert: „Muss ich auch wieder mal machen." Nur
Räuber sind eher in der Stadt zu finden.
Neben seinen anderen Aufgaben sind die Forstbetriebe zuständig für die Waldwege. So wird der meistbenutzte Radweg nach Roßdorf parallel zur B 26 in großem Umfang vom Forstamt unterhalten. Wo
Äste herabfallen könnten, wird mit der Säge vorgebeugt oder mal ein Waldstück wie der „Triesch" im Westwald für Spaziergänger gesperrt. So ist der Förster genau so zuständig für die Naherholung
wie das Grünflächenamt.
Hier einige interessante Beiträge aus Darmstadt:
→ Stadt Darmstadt, → Regierungspräsidium Darmstadt, → Nordic-Walking-Treff, → BUND, → Frauenbüro.
Die Wälder sollen ökologisch und ökonomisch wertvoll sein. In einem möglichst naturnahen Wald ergibt das Nebeneinander vieler Baumarten verschiedener Altersstufen und Bewirtschaftungsformen
ein abwechslungsreiches Waldgefüge. Das dient einer großen Anzahl von Tier und Pflanzenarten als Lebensraum bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Nutzung des Waldes. Große Wildtiere wie Hirsche,
Rehe und Wildschweine haben trotz dichter Besiedlung noch immer einen gesicherten Lebensraum. Darüber hinaus bietet das Ökosystem Wald einer Vielzahl seltener Vogelarten, Fledermäusen, Amphibien
und Reptilien Lebensraum. Der Wald bietet ebenso vielen Insekten und Bodenlebewesen als auch einer Vielzahl von Pflanzenarten eine unabdingbare Lebensgrundlagen.
Quelle: → www.landschule.de
Weitere Informationen: → NABU,→ Schutzgemeinschaft Deutscher Wald,→ BUND,→ Greenpeace
Die Waldschäden werden in der Schrift „Westwald ade?" treffend und knapp dargestellt:
Sinkt das Grundwasser etwa durch Eingriffe des Menschen dauerhaft ab, verlieren die Buchen als erste den Anschluß an das Grundwasser. Sinkt der Pegel gleich um mehrere Meter, wie
dies im Westwald der Fall war, verlieren nach und nach alle Bäume ihren Grundwasseranschluß. |
Die Forstbehörden haben folgende Maßnahmen zusammengestellt:
Hierzu auch: Hessische Landesanstalt für Forsteinrichtung, Waldforschung und Waldökologie, Gefährdung der Wälder im Rhein-Main-Gebiet in: Mitteilungen der Hessischen Landesforstverwaltung
Band 35, Wiesbaden 1999
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Auf Grund der bisherigen Erkenntnisse kann für hierzu begleitende Maßnahmen gefolgert werden:
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Materialien zur Forstwissenschaft → 4. Waldbau und Forst
und hierzu die → Gesamt-Inhaltsangabe
sowie → Wald und Forst
Wald im Rhein-Main-Gebiet Bewahren wir, was uns schützt → Eine
Ausstellung
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